Jährlich sterben auf Österreichs Straßen rund 100.000 Wildtiere durch Unfälle. Neben vielen anderen Wildarten werden dabei auf steirischen Landes- und Gemeindestraßen jährlich mehr als 7.000 Unfälle mit Rehen verzeichnet.
Vor allem bei Unfällen mit größeren Wildtieren kommt es dabei häufig zu schweren Sach- und Personenschäden, dem Verlust von oftmals geschützten Wildarten und unnötigem Tierleid. Der jährliche volkswirtschaftliche Schaden durch Wildunfälle wird auf über 160 Millionen Euro geschätzt. Hauptgründe für steigende Wildunfallzahlen sind die Einengung und Zerstückelung von Wildlebensräumen durch menschliche Nutzung, der Neu- und Ausbau von Verkehrswegen, die Zunahme des Straßenverkehrs und hohe Fahrgeschwindigkeiten.
Um die Zahl der Wildunfälle nachhaltig zu reduzieren, wurde 2014 ein Kooperationsprojekt zwischen dem Land Steiermark, der Steirischen Landesjägerschaft und der Universität für Bodenkultur Wien ins Leben gerufen.
Neben dem Ziel die Wildverluste in der Steiermark maßgeblich zu verringern gilt es Erfahrungswerte der Unfallprävention in der Praxis zu sammeln und durch wissenschaftliche Analysen auszuwerten. Die Organisation des gesamten Forschungsprojektes und die wissenschaftlichen Untersuchungen wurden bis Juli 2021 durch die Universität für Bodenkultur Wien und ab August 2021 über Land&Forst Betriebe Österreich mittels Finanzierung durch die Abteilungen 13 (Tierschutz) und 16 (Verkehrssicherheit) sowie der Steirischen Landesjägerschaft durchgeführt.
Die Finanzierung von Maßnahmen wie z.B. Wildwarnreflektoren, die Wildtiere durch Signale vor einem sich nähernden Fahrzeug warnen, wird zu 2/3 vom Straßenerhaltungsdienst (STED), zu 1/6 von der Steirischen Landesjägerschaft und zu 1/6 vom jeweiligen Jagdrevier getragen. Dabei werden auch lokale Kooperationen zwischen Jägerschaft und unterschiedlichen Partnern bzw. Sponsoren im Sinne der gemeinsamen Lösung einer Thematik gesucht. Die Montage der technischen Maßnahmen sowie deren Betreuung und Wartung auf Landesstraßen wird gemeinsam von den Revieren und der jeweils zuständigen Straßenmeisterei durchgeführt.
Seit Projektstart wurden in bisher 7 Ausrüstungsphasen 220 steirische Jagdreviere bearbeitet und über 42.500 moderne Wildwarnreflektoren sowie andere Präventionsmaßnahmen angekauft und an die Jagden bzw. Straßenmeistereien verteilt. Mit diesen Maßnahmen werden derzeit etwa 630 km Landes- und 24 km Gemeindestraßen abgesichert.
Im Jahr 2021 wurden 23 Jagdreviere neu in das Projekt mitaufgenommen und 63 bestehende Testreviere nachgerüstet.
Zum Einsatz kommen neben neuesten optischen und akustischen Wildwarnreflektoren auch Duftstoffe und ökologische Begleitmaßnahmen. Dabei wurde gezeigt, dass durch die Umsetzung dieser Optimierungsmaßnahmen viele Unsicherheitsfaktoren im Umgang mit Wildwarnreflektoren ausgeräumt werden konnten. Obwohl die bisherigen Teststrecken erst vergleichsweise kurz bestehen, sind die positiven Trends in der Zusammenarbeit von lokalen Jägern und Straßendienst bereits erkennbar und erste Erfolge in der Wildunfallvermeidung sichtbar. Seit den ersten Gerätemontagen wurden auf ausgerüsteten Strecken durchschnittliche Rückgänge der Unfälle mit Rehwild von 30% bis zu 70% (je nach eingesetzter Maßnahme) im Vergleich zu den Vorjahren verzeichnet.
Zukünftig werden jährlich weitere steirische Reviere in das Projekt aufgenommen, um sukzessive die Wildunfall hot-spots auf steirischen Straßen entschärfen zu können. Neben der organisatorischen Abwicklung und der wissenschaftlich fundierten Beratung der Reviere und des STED unterliegt jede gesetzte Maßnahme genauesten Kontrollen. In enger Kooperation mit der Industrie wurden auf Basis wissenschaftlicher Grundlagendaten bereits deutliche Verbesserungen in der Leistung und Praxistauglichkeit bestehender Wildwarngeräte erreicht sowie vielversprechende Neuentwicklungen für die Zielvorgaben „aktiver Wildtierschutz“ und „Erhöhung der Verkehrssicherheit“ initiiert. Nur der kontrollierte und überwachte Einsatz technischer Maßnahmen kann zu umfangreichen praxisorientierten Erkenntnissen zu Montage, laufendem Betrieb, Vorzügen und Nachteilen der eingesetzten Geräte und Aufstellungsvarianten führen. Durch genaueste räumliche und zeitliche Aufzeichnung jedes Wildunfalls der steirischen Jägerinnen und Jäger wird eine bisher unerreichte Fülle und Detailgenauigkeit an Wildunfall-Informationen erreicht.
Die gute Kooperation des STED mit den steirischen Jägern, die maßgebliche Unterstützung durch Politik, Verwaltung, Tier- und Naturschutz, Wirtschaft und vielen anderen Interessensgruppen sichern dem Projekt in den Testgebieten eine hohe Datenqualität und wertvolle Informationen.
Eine enge Verbindung mit weiteren nationalen und internationalen Forschungsprojekten ermöglicht den Wissensaustausch über die Landesgrenzen hinaus. Ziel des Projektes sind praxistaugliche Lösungen zur nachhaltigen Reduktion der Wildunfallzahlen und damit einhergehend eine Erhöhung der Verkehrssicherheit für Tier und Mensch.
LH-Stv. Anton Lang, Verkehrs- und Tierschutzreferent
„Wildtierschutz und Verkehrssicherheit sind dank diesem Projekt mittlerweile in der Steiermark untrennbar miteinander verbunden. Ich freue mich sehr, dass wir bereits im siebten Jahr in Folge weitreichende Maßnahmen setzen, um Wildunfälle auf den steirischen Straßen zu vermindern. Die aktuellen Zahlen zeigen deutlich wie erfolgreich dieses Projekt ist. Die Erweiterung um zahlreiche neue Jagdreviere in diesem Jahr stimmt mich positiv, dass wir auch in diesem Projektdurchgang die Verkehrssicherheit maßgeblich erhöhen und gleichzeitig unsere Wildtiere schützen. Ich danke allen Beteiligten und unseren Projektpartnern, die diese Zusammenarbeit möglich machen. Einmal mehr stärken wir unsere steirische Vorreiterrolle in den Bereichen Verkehrssicherheit und Tierschutz.“